Das „Pro Patria Fest“ 2019 in Griechenland – zwischen Elitenbildung und Selbstvergewisserung


Seit 2014 richtet die extreme Rechte in Athen (Griechenland) die Kampfsport-Veranstaltung „Pro Patria Fest“ aus. Das Event, welches Anfangs ein paar dutzende Neonazis anzog und mehr einem Sparring-Treffen ähnelte, dürfte in diesem Jahr am 6. April seinen bisherigen Höhepunkt gefunden haben. Damit folgt das Event dem europäischen Trend, was Größe und Professionalisierung von Neonazi-Kampfsportveranstaltungen anbelangt. Diese Kampfsportveranstaltungen, an denen die internationale Neonaziszene teilnimmt, fördern das Denken als Elite, rekrutieren kampfsportbegeisterte Neonazis und führen schließlich zu einer verstärkten Vernetzung.
Im Folgenden zeigen wir die Verstrickungen einzelner internationalen Gruppierungen die als Kleidungsmarken, RechtsRock-Labels, Trainingsteams oder rechtspolitische Zusammenschlüsse auftreten und an dem Event „Pro Patria Fest“ teilnahmen.

Rückblick – Kontakt und Austausch mit deutschen Neonazi-Strukturen
Einblick – (Deutsche) BesucherInnen beim „Pro Patria Fest 2019“
Im Octagon I – Internationale Kämpfer
Im Octagon II – Deutsche Kämpfer
Musik zum Kampf – RechtsRock aus Italien, Griechenland und Deutschland/Österreich
Bedeutung des „Pro Patria Fest 2019“

Hinter dem „Pro Patria Fest“ steht seit Anbeginn ein überschaubarer Kreis extrem rechter KampfsportlerInnen aus der griechischen Hauptstadt Athen, der sich als „Pro Patria Fightclub“ (PPFC) bezeichnet. Die ProtagonistInnen dieser Organisation findet man außerhalb dieser konspirativ agierenden Kampfsport-Gruppe in Strukturen der neo-faschistischen Partei „Chrysi Avgi“ („Goldene Morgenröte“), im griechischen Ableger des „Zentropa“-Netzwerks aus Italien, wie auch in bewaffneten Strukturen der „Anentaxtoi Maiandrioi Ethnikistes“ (AME) und „Blood & Honour/Combat 18 Hellas“.

Rückblick – Kontakt und Austausch mit deutschen Neonazi-Strukturen

Ähnlich wie bei anderen extrem rechten Kampfsportevents in Europa, erhielt PPFC spätestens seit 2015 Unterstützung durch die Neonazi-Kampfsport-Promotion „White Rex“ des russischen Netzwerkers Denis „Nikitin“ Kapustin. Es folgten Kooperationen mit der deutschen Marke „Greifvogel Wear“, sowie mit Tomasz Szkatulskis „Pride France“. Dass sich PPFC schon früh bemühte, ein relevanter Teil des europäischen Kampfsport-Netzwerks zu werden, belegt der rege Austausch und der wechselseitige Bezug aufeinander.
So war der PPFC 2015 mit Kämpfern wie Themis Kanaris auf dem „Duh Voina“-Event von „White Rex“ in Rom vertreten, wie auch auf dem „Day of Glory“-Turnier in Frankreich (siehe Foto). Der Hauptverantwortliche des letztgenannten Events, Tomasz Szkatulski, trat wiederum auf fast allen Events der griechischen Neonazis als Kämpfer auf.

Zudem standen Neonazis aus dem „Haus Montag“ aus Pirna und dessen Dachverband „Junge Nationalisten“ (JN) aus Sachsen bereits 2016 in Kontakt mit den PPFC. 2018 trat der JN-Aktivist Lucas Hartmann selbst als Kämpfer auf dem „Pro Patria Fest“ auf.

Rechts: Lucas Hartmann als Kämpfer beim „Pro Patria Fest“ 2018 Quelle: Screenshot Facebook

Darüber hinaus war das Event meist mit einem Konzert verbunden, auf dem die letzten Jahre auch die sächsischen NS-Hardcore-Bands „Brainwash“ und „Hope for the weak“ spielten. In letzterer spielt der bekannte Neonazi Sebastian Raack Gitarre. Er ist u.a. Inhaber der extrem rechten Kampfsport-und Lifestyle-Marke „Greifvogel Wear“.

Griechische Neonazis pflegten Verbindungen bislang vor allem zu den extrem rechten Kleinstparteien „Der III. Weg“ und „Die Rechte“. So nahmen jährlich Delegationen dieser deutschen Strukturen am ultra-nationalistischen „IMIA-Marsch“ in Athen teil. Seit einigen Monaten erfährt die extreme Rechte in Griechenland zudem Aufwind durch die nationalistischen Aufmärsche, die sich in unterschiedlichen Städten für Mazedonien als Territorium Griechenlands stark machen. Der PPFC war im Rahmen dieser „Macedonia is greek“-Aufmärsche federführend für die im Anschluss folgenden Krawalle und blutigen Auseinandersetzungen, etwa im Stadtzentrum von Athen, verantwortlich. Auch deutsche Neonazis waren an den Krawallen beteiligt, wie man aus den sozialen Netzwerken erfahren kann.

Mitglieder des PPFC im Mai 2018 in Riesa, Sachsen Quelle: Recherche Nord

Mitglieder des PPFC reisten 2018 nach Deutschland, wo sie u.a. im Mai am „Europa Kongress“ der Jugendorganisation der NPD in Riesa, am „Kampf der Nibelungen“ im Oktober in Ostritz und an Treffen mit der JN in Berlin teilnahmen.
Im internationalen, extrem rechten Netzwerk tauchte der PPFC zudem auf den NS-Black Metal-Konzerten der Reihe „Asgardsrei“ in der Ukraine, wie auch auf dem alljährigen Nationalisten-Aufmärschen in Polen auf.

Einblick – (Deutsche) BesucherInnen beim „Pro Patria Fest 2019“

Zum diesjährigen „Pro Patria Fest“ mobilisierten seit Monaten alle relevanten Neonazi-Formate gleichauf intensiv. Es sollte erneut eine Zusammenkunft der stetig wachsenden Kampfsportszene innerhalb rechter Gefilde werden. Auch die deutsch-österreichische NS-Hardcore-Band „Terrorsphära“ sowie die italienische Band „Green Arrows“ waren als Live-Act angekündigt.

Bereits einige Tage vor Samstag, den 6. April, dem Tag des Events, reisten diverse Gruppen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Tschechien, Ungarn und der Slowakei an. Etwa der rechte Kampfsportler und Hooligan Roman Portner aus Basel, der als Kämpfer beim KdN im April 2018 in Ostritz auftrat. Als Teil von Portners Reisegruppe konnten auch Dominic Exel und Felix Stiller aus Sachsen-Anhalt ausgemacht werden.

v.l.n.r.: Danny Bunge, Felix Stiller, Nico Gollnick, Maik Schubert, Attila Kincel, Dominic Exel Quelle: Pixelarchiv, Screenshot Facebook, Flickr Sören Kohlhuber

Die beiden Neonazis gehören dort der extrem rechten Trainingsgruppe „Fightclub 062“ an. Exel war zuvor im „MMA Team Eisleben“ des Bu-Jitsu-Kai Lutherstadt Eisleben e.V. aktiv. Gemeinsam mit anderen Neonazis war Exel schon im September 2017 an Störversuchen am Rande einer antifaschistischen Demonstration im sächsischen Wurzen beteiligt. Ein Jahr später im November nahm er u.a. mit Felix Stiller am extrem rechten „Schild & Schwert-Festival“ in Ostritz teil.

Zum „Fightclub 062“, der sich laut eigenen Angaben 2018 gründete, gehören außerdem Danny Bunge und Maik Schubert, die ebenfalls als Zuschauer am „Pro Patria Fest“ 2019 teilnahmen. Schuberts Reisebegleiter waren seine Köthener Weggefährten Nico Gollnick und Attila Kincel. Dieser Kreis ist regelmäßig auf Aufmärschen der rechten Szene in Sachsen-Anhalt anzutreffen. An den rassistischen Mobilisierungen im Herbst 2018 in Köthen beteiligten sie sich ebenfalls.

Auch Mitglieder der Band „Terrorsphära“ sollen laut Beobachtungen griechischer Antifaschist_innen bereits eine Woche zuvor in Griechenland zugegen gewesen sein. Ähnlich verhielt es sich mit einer fünfköpfigen Personengruppe tschechischer und slowakischer Neonazis, die als Protagonisten des „White Rex Czech Team“ seit Jahren bekannt sind – darunter u.a. Petr Beranek, Lukáš Rod und Michal Petris. Der ungarische Neonazi und Kampfsportler Suhajda „Starec“ Zoltan war am Donnerstag vor dem Event mit zwei weiteren Neonazis nach Griechenland gereist.

Tim Kühn als einer der Abgesanten des „Tiwaz“-Team in Athen 2019

Ungefähr zeitgleich kam Tim Kühn aus Chemnitz in Athen an, der dort das noch recht junge, sächsische Neonazi-Kampfsportformat „Tiwaz“ vertrat. Begleitet wurde Kühn von Franziska Schmidt aus Nordsachsen.

Franziska Schmidt und Michael Woitag, hier als VertreterInnen der „Tierrechtsinitiative Landkreis Leipzig“ 2018 in Wurzen Quelle: Screenshot Facebook

Sie nahm im November 2018 am extrem rechten „Schild & Schwert-Festival“ in Ostritz teil und unterhält beste Kontakte in die Neonazi-und Hooliganszene in und um Leipzig. Im nahen Wurzen engagiert sich Schmidt zudem in der Gruppe „Tierrechtsinitiative Landkreis Leipzig“.

Hinter der sich bürgerlich gebenden Initiative steckt der bekannte Neonazi Michael Woitag aus Wurzen, der in der Vergangenheit an etlichen Angriffen auf Antifaschist_innen beteiligt war – etwa an dem brutalen Überfall auf Fans des Roten Stern Leipzig 2009 in Brandis.

Selbstdarstellung in den sozialen Netzwerken: die deutsche Reisegruppe um das KdN-Team und „Wardon 21“ Quelle: Screenshot Facebook

Das deutsche KdN-Team selbst reiste dagegen erst am Tag des Events an, dafür mit einer rund 20-köpfigen Gruppe. Darunter befanden sich nicht nur die Hauptprotagonisten des KdN – Alexander Deptolla, Philipp Liebetrau und Malte Redeker -, sowie deren engsten UnterstützerInnen aus Dortmund – Marina Liszczeweski, Franz Pauße und Jim Koal – sondern auch die an den KdN angebunden Plattform „Wardon 21“. Vertreten wurde diese von Lukas Oertel aus Thüringen, Heiko Drews aus Brandenburg und Stefan Wedekind aus Sachsen-Anhalt. Zudem befand sich in der Gruppe Kevin Görke aus Thüringen, der dort in Saalfeld in der „Invictus Kick & Thaiboxschule“ trainiert und im April 2018 ebenfalls auf dem KdN-Event in Ostritz in den Ring stieg. In der Dortmunder Reisegruppe befanden sich aber auch Personen wie Martin Kalfack, der weniger an die Kampfsportszene, dafür mehr an den Dortmunder Ableger von „Die Rechte“ angebunden ist.

v.l.n.r.: Kevin Görke, Stefan Wedekind, Heiko Drews, Philipp Liebetrau, Lukas Oertel Quelle: Screenshots Facebook

Erwähnenswert ist auch die Teilnahme einer vierköpfigen Gruppe Neonazis aus dem Raum Bamberg (Bayern).

In selber Konstellation reisten diese Bamberger Neonazis im April 2019 nach Athen. Auf dem Bild sind sie bei der Anreise zum „Tiwaz“-Turnier im Juni 2018 zu sehen. Quelle: Pixelarchiv

Die teils noch sehr jungen extrem rechten AktivistInnen nahmen in selber Konstellation bereits im Juni letzten Jahres am extrem rechten „Tiwaz“-Turnier im Erzgebirge Teil.
Gemeinsam mit dem bereits genannten Dominic Exel aus Sachsen-Anhalt reiste einer der Bamberger Neonazis zudem im April 2018 nach Kiew, Ukraine, um u.a. den Kämpfen von Tomasz Szkatulski und Robert Rundo im Neonazi-Zentrum „Reconquista Club“ bei zu wohnen. Szkatulski und Rundo kämpften nur ein paar Tage zuvor beim KdN, im Rahmen des extrem rechten „Schild & Schwert Festivals“ in Ostritz.

Im Octagon I – Internationale Kämpfer

Zum eigentlichen, fünften Mal stattfindenden „Pro Patria Fest“ musste man am 6. April in die Peripherie Athens ausweichen. Zu oft hatten griechische Antifaschist_innen in der Vergangenheit die Austragungsorte der Kampfsportreihe erfahren und waren dagegen vor gegangen.
So fand das Event in diesem Jahr in einer Lagerhalle außerhalb Athens in der Hafengegend statt.

Der Austragungsort des diesjährigen „Pro Patria Fest“, eine Lagerhalle am Rande Athens Quelle: Screenshot Facebook

Wie wir erfuhren, wurden die TeilnehmerInnen u.a. mit einem Shuttlebus dort hin gebracht.
Anhand der zahlreich veröffentlichten Videos des Events, bekommt man als Externer schnell den Eindruck, dass die Veranstaltung zwar durch das verwendete Equipment professionell organisiert wurde, die Location jedoch viel zu überdimensioniert war. Die rund 150 bis 200 TeilnehmerInnen wirkten in der Halle verloren, was auch beim späteren Konzert sicher nicht für einen bleibenden Eindruck gesorgt haben dürfte. Eine Massenveranstaltung sieht jedenfalls anders aus.

Eine der wenigen, offen angekündigten Kämpfte des „Pro Patria Fest“ Screenshot Facebook

In den Octagon – ein käfigartiger Ring, in dem vor allem MMA-Kämpfe ausgetragen werden – sind am Nachmittag bis zu 20 KämpferInnen angetreten.
Tomasz Szkatulski war einer der wenigen Kämpfer, die im Vorhinein von der VeranstalterInnen öffentlich angekündigt wurden. Dies ist nicht verwunderlich, schließlich gehörte er auch zum Kern des Orga-Teams in Athen. Er kämpfte gegen den griechischen Amateur-Kämpfer Panagiotis Stroumpoulis.

Aus Portugal reisten Luís Graça und Gonçalo Neves an. Letzterer trat gegen einen der zahlreichen Kämpfer des „White Rex Czech Team“ in den Cage. Neves ist kein Unbekannter, denn der Neonazi betreibt schließlich in Lisboa, Portugal die als Treffpunkt der rechten Szene bekannte Kneipe „Cave Rock Bar“.

Neonazis aus Portugal in Athen. Linkes Bild, im Ocatagon mit Bart: Gonçalo Neves; rechtes Bild: Neves Begleiter Luís Graça Quelle: Screenshots Facebook

Zudem unterhält er enge Kontakte zur russischen Neonazi-Trainingsgruppe „PPDM-Father Frost“, die im Juli 2018 ein Seminar in Portugal abhielt. Gonçalo Neves war in dem Zusammenhang für die Betreuung der Russen zuständig.

Als Kämpfer des Neonazi-Teams „Panzer Tattoo Crew“ reiste der Slowake Michal Petris an. Er ist Tätowierer, sein Körper selbst ist mit dutzenden, NS-verherrlichenden Motiven übersät. Für das ostslowakische Team „Young Blood Snina“ trat er in der Vergangenheit schon mehrfach bei MMA-Wettkämpfen in Osteuropa in den Ring und wird dabei von dem Messer-Hersteller „Supernoze“ gesponsert. Zudem ist er in die Organisation von RechtsRock-Konzerten in der Slowakei eingebunden und pflegt beste Kontakte zu den tschechischen VertreterInnen von „White Rex“, wie auch zu ukrainischen Neonazis.

Der Slowake Michal Petris mit seinem Gegner Dimitris Polymenopoulos im April 2019 in Athen (1. Bild von links); Petris und der ukrainische Neonazi Ivan Terekhov (Bild Mitte); Ivan Terekhov mit tätowiertem Hakenkreuz in der Zeit, als er für das ukrainische Faschisten-Bataillon „Asov“ kämpfte Screenshots Facebook

Bei letzteren gab Petris u.a. Kampfsport-Trainings, zum Beispiel für den Neonazi, Hooligan und Leistungssportler Ivan Terekhov, der 2015 im Ukraine-Konflikt für das faschistische, ukrainische Freiwilligen-Bataillon „Asov“ in den Krieg zog.
Michael Petris Gegner im Ring war der griechische Neonazi Dimitris „Tsepes“ Polymenopoulos vom „Pro Patria Fight Club“.

Der Ungar Jakab Ádám als Teilnehmer des Neonazi-Aufmarsches im Februar 2019 in Budapest (1. Bild links, Quelle: RechercheNetzwerk Berlin), als Kämpfer des „White Rex“-Turniers 2015 in Rom (Bild rechts, 1.v.r.) und auf dem Bild in der Mitte als Kämpfer in Athen. Man beachte den Hakenkreuz-Aufdruck auf dem T-Shirt von Jakabs Coachs Suhajda Zoltan am Rand des Cages

Petr „Berry“ Beranek vom „White Rex Czech Team“ kämpfte am 6. April unterdessen gegen Jakab Ádám aus Ungarn. Jakab bestritt bereits einen Kampf auf dem „Duh Voina“-Kampfsportevent 2015 in Rom, welches von „White Rex“ mitveranstaltet wurde. Am Rande des Cages in Athen stand als Coach für Jakab der aus Budapest stammende Neonazi und Kampfsportler Suhajda Zoltan. Bekleidet war Suhajda mit einem T-Shirt, auf dem ein Hakenkreuz prangte.
Beraneks Team-Kollege Lukáš Rod trat hingegen einen Kampf gegen Anton Stigermark aus Schweden an. Den Cage-Support übernahm der schwedische Neonazi Patrick Assarson. Stigermark hatte bereits 2017 am „Kampf der Nibelungen“ in Gmünden teilgenommen. Da jedoch nur als Begleiter des dort kämpfenden Marcus Follin.

Anton Stigermark in Kämpferpose in Athen 2019 (links) und sein Coach Patrick Assarson Quelle: Screenshot Facebook

Stigermark und Follin sind Teil der rechten Trainingsgruppe „Legio Gloria“ und gehören außerhalb des Gyms der sogenannten „Neuen Rechten“ in Schweden an. Nicht „neu-rechts“, sondern neonazistisch und militant ist dagegen der „Reconquista Club“ in der Ukraine. Der Kiewer Club beherbergt regelmäßig MMA-Events – u.a. unter der Leitung von Denis „Nikitin“ Kapustin – und gilt als eines der Zentren des faschistischen Freiwilligen-Bataillons „Asov“. An einem dieser Kämpfe nahm auch Stigermark 2018 teil.
Stigermarks aktuellster Kampf in Athen musste zwischendurch abgebrochen werden, da Unbekannte offensichtlich den Eingangsbereich mit pyrotechnischen Erzeugnissen angegriffen hatten.

Das tschechische „White Rex“-Team: in der Bildreihe v.l.nr.: Lukáš Rod, Petr Beranek. Auf dem Bild rechts ist Beranek mit Michal Petris und einem noch unbekannten Kämpfer des tschechischen Teams am Rande des Cages in Athen zu sehen Quelle: Pixelarchiv und Screenshots Facebook Quelle:

Erwähnenswert ist außerdem, dass Stigermarks Gegner Lukáš Rod am 7. April, nur einen Tag nach seinem Kampf in Athen, den Ecken-Support für Vít Mrákota auf einer Kampfsport-Gala in Bratislava, Slowakei, stellte. Über Mrákota als Teil des „White Rex Czech Team“ haben wir bereits etliche Male berichtet. Zuletzt im Zusammenhang mit seinem Aufenthalt in Thailand im März 2019, der offensichtlich zur Vorbereitung seines Kampfes in Bratislava diente.

Im Octagon II – Deutsche Kämpfer

Lang und breit im Voraus angekündigt, schickte auch das „Kampf der Nibelungen“-Team eigene Kämpfer aus Deutschland in den Ring.
Zum einen handelte es sich dabei um Marvin Esterholz aus Dortmund.

Die in Athen anwesenden Vertreter des KdN-Team, v.l.n.r.: Jim Koal, Marvin Esterholz, Alexander Deptolla und Franz Pauße. Ganz rechts ist Marvin Esterholz kurz vor seinem Kampf in Athen zu sehen. Hinter ihm steht, vermummt mit Sturmhaube Malte Redeker Quelle: Pixelarchiv, Screenshots Facebook

Ein von Philipp Liebetrau im Namen des KdN in den sozialen Netzwerken live übertragenes Video, zeigt dessen Kampf in Griechenland, den er bereits in der ersten Runde gewann. Als Esterholz‘ Betreuer traten in Athen nicht nur Alexander Deptolla und Franz Pauße auf, sondern vor allem der umtriebige Neonazi Malte Redeker aus Ludwigshafen. Trotz Vermummung mit einer Sturmhaube ist Redeker erkennbar. Der einflussreiche „Hammerskin“ und Kickboxer Redeker meidet die Öffentlichkeit im Bezug auf seine Aktivitäten innerhalb des KdN. Trotzdem ist allen innerhalb der rechten Kampfsportszene bewusst, welchen Einfluss er auf die Organisation nimmt. Schließlich trat er in Athen darüber hinaus als Ringrichter auf – abermals vermummt mit Sturmhaube.
Vorbereitet wurde Marvin Esterholz u.a. durch die Protagonisten des Cottbuser Neonazi-Labels „Black Legion Wear“. Bilder zeigen ihn im Ring im Sparring, etwa mit Andy Schotte. Dieser hatte schon mehrfach für die „Kampfgemeinschaft Black Legion“ Kämpfe im Rahmen neonazistischer Kampfsportevents bestritten.
Esterholz‘ Gegner in Athen ist ebenfalls bereits von anderen rechten Wettkämpfen bekannt. Es handelt sich dabei um Robert Smithson, der laut antifaschistischer Aktivist_innen aus den USA ursprünglich aus der Ukraine stammen soll.

Esterholz‘ Gegner Robert Smithson in Athen 2019 und in Ostritz 2018 (Quelle: Recherche Nord); Malte Redeker als Ringrichter, abermals vermummt, in Athen 2019 und auf dem ersten Bild von rechts auf dem RechtsRock-Festival „Rock gegen Links“ 2017 in Themar, Thüringen (Quelle: Pixelarchiv)

„Smithson“ war im April 2018 einer der drei Abgesandten der amerikanischen Neonaziorganisation „Rise Above Movement“ (RAM). Diese Organisation, die zuvor unter dem Namen „DIY Division“ bekannt wurde und enge Verbindungen zu den „Hammerkins“ unterhält, ist für zahlreiche Übergriffe im Rahmen der extrem rechten Aufmärsche in Berkley, Charlottesville und Huntington Beach verantwortlich. Aktuell sitzt ein Großteil dieser Gruppe in den USA in Haft. Protagonisten der Gruppe wie Ben Daley – der mit Smithson und Robert Rundo das Event des KdN im April 2018 in Ostritz besuchte – erwarten bei einer Verurteilung bis zu 10 Jahre Gefängnis. Weltweit wird deshalb zur Solidarität aufgerufen, vorrangig über Social-Media-Känale wie „Our Fight Clothing“. Dies ist auch der offizielle Vertriebspartner u.a. von „White Rex“ und „Pride France“ in den USA. Vorangegangen war diesem Webshop eine ähnlich aufgemachte Seite, die – angemeldet auf Robert Rundo – als „Right Brand Clothing“ firmierte und auch als Sprachrohr der RAM diente.
Es liegt nah, dass Smithson zur Zeit aufgrund der Repression gegenüber dieser Gruppe außerhalb der USA lebt. Seine Teilnahme am „Pro Patria Fest“ ist demnach auch keine allzu große Überraschung.

Linkes Bild: Marcel Wernicke (1.v.l.), zusammen mit Michal Petris und Petr Beranek in Athen 2019. Bild links: Wernicke mit weiteren Mitstreitern der Hooligangruppe „Frontline“ bei einem ihrer sogenannten „Ackerkämpfen“ Quelle: Screenshot Facebook

Bei dem zweiten Kämpfer des KdN-Teams handelt es sich um Marcel Wernicke aus Mönchengladbach. Wernicke trat bisher nicht öffentlich als Teil der Dortmunder Struktur um Alexander Deptolla und Co. auf. Vielmehr ist er als Muay Thai- und K1-Kämpfer bekannt und trat u.a. bei kommerziellen Events wie der „Pascha Fight Night“ in Köln 2016 oder auf der „Kingz Fight Night“ in Lüdenscheid 2017 auf. Bezüge zum KdN stellte Wernicke allerdings schon 2017 her, in dem er sich in den sozialen Netzwerken mit Merchandise der Neonazi-Promotion präsentierte. Darüber hinaus ist bei Wernicke ein deutlicher Bezug zur (rechten) Hooliganszene des Fußballvereins Borussia Mönchengladbach erkennbar. Offensichtlich gehört er dort der Gruppe „Frontline“ an, mit der er an zahlreichen sogenannten „Acker-Kämpfen“ teilnahm. Auch dieser Hooligangruppe werden Verbindungen in die extrem rechte Szene nachgesagt. Öffentlich wurde dies, als sich 2012 ein Teil der „Frontline“ mit der rechten Hooligangruppe „Westwall Aachen“ zur „Westfront“ zusammen schloss, wie die antifaschistische Info-Zeitung LOTTA dato zu berichten wusste.
„Entgegen der medialen Darstellung bildeten die Westfront Deutschland sowie die Westfront Aachen einen Club kampfsportinteressierter Männer (…)“, hieß es nur wenige Tage nach deren Selbstauflösung im Januar 2015. Damit bekräftigten sie schon früh den Trend innerhalb dieser Szene, dass sich „Acker-Kämpfe“ immer mehr zu Auseinandersetzungen zwischen trainierten Kampfsportlern entwickeln. Marcel Wernicke kann dabei mit „Frontline“ als Paradebeispiel bezeichnet werden, denn schließlich wird er seit Jahren im „Bujin Gym Mönchengladbach e.V.“ sowohl für Kämpfe im Ring, als auch für Hooligan-Matsches fit gemacht.
Formate wie der „Kampf der Nibelungen“ gelten seit deren Premiere 2013 als Schnittstelle zwischen Neonazi-, Hooligan-und rechter Kampfsportszene. Mit der Ankündigung sogenannter „Teamfights“ biederte sich die Neonazi-Organisation schon im letzten Jahr den Hooligans an. Die Durchführung solcher Kämpfe mit mehreren Personen im Ring, scheiterte jedoch kläglich.

Kai-Andreas Zimmermann, Führungsperson der Neonazi-Partei „Der III. Weg“ in Bayern

Wie zu erwarten schickte außerdem die extrem rechte Kleinstpartei „Der III. Weg“ mindestens einen Kämpfer ihrer „AG Körper & Geist“ zum „Pro Patria Fest“ nach Athen – nämlich Kai-Andreas Zimmermann. Seit spätestens 2016 tritt Zimmermann – vormals „Gebietsleiter Süd“ und heute „Leiter des Stützpunkt Nürnberg-Fürth“ der Neonazi-Partei – im Rahmen extrem rechter Kampfsportwettkämpfe an. 2017 etwa in der Nähe von Genf, als Abgesandter des KdN-Teams. Seit der Gründung der „AG Körper & Geist“ Anfang 2018 tritt der vorbestrafte bayrische Neonazi ausschließlich im Namen dieser Arbeitsgruppe an. In einem Artikel der WAZ von Anfang diesen Jahres zur rechten Kampfsportszene, erwähnte er bereits, dass er in Griechenland kämpfen werde. Davor wolle er an einem „Gedenkmarsch“ für gefallene Wehrmachtsoldaten in Ungarn teilnehmen, erzählt Zimmermann. Der geschichtsrevisionistische Leistungsmarsch „Ausruch60“ in Budapest ist seit Jahren Anziehungspunkt für die militante Neonazi-Szene aus ganz Europa.

Musik zum Kampf – RechtsRock aus Italien, Griechenland und Deutschland/Österreich

Nachdem die Kämpfe in den frühen Abendstunden beendet waren, folgte das musikalische Rahmenprogramm.
Neben den griechischen RechtsRock-Veteranen von „Battle Dogs“, wirkten vor allem die NS-Hardcore-Bands „Terrorsphära“ und „Green Arrows“ als Publikumsmagnete.
„Terrorsphära“ hatten bereits im November 2018 angekündigt, keine weiteren Auftritte in Deutschland spielen zu wollen. Stattdessen bevorzuge es die deutsch-österreichische Band „auf Veranstaltungen mit sportlichen Charakter“ aufzutreten.

Moderne RechtsRocker unter sich: Manuel Eder (im grauen Sweatshirt), gemeinsam mit den Mitgliedern der italienischen NS-Hardcore Band „Green Arrows“ Quelle: Screenshot Facebook

Diese elitäre Haltung gegenüber dem RechtsRock-Geschehen reiht sich in die Aufmachung der Band, die ihre „Texte im sportlich – propagandistischen Sinne“ gestalten würden.
Schließlich sind einige der Bandmitglieder auch innerhalb der extrem rechten Kampfsportszene aktiv. So gehört deren Gitarrist Manuel Eder nicht nur zur Vermarktungsstruktur von „Greifvogel Wear“ sondern ist maßgeblich für die Produktion der Texte und für die Außerdarstellung der neonazistischen Kampf-und Kraftsportplattform „Wardon 21“ verantwortlich. Philipp Liebetrau, der bei „Terrorsphära“ am Bass steht, gehört ebenfalls dieser, einen „NS-Straight Edge“-Lifestyle propagierenden Gruppe an und tritt darüber hinaus als Kern-Miglied des „Kampf der Nibelungen“-Team auf.
In ihren Texte bezieht sich „Terrorsphära“ hauptsächlich auf die aktuell weitverbreiteten Ansätze der Neonazi-Kampfsportszene und gestalten diese wiederum maßgeblich mit. Gebetsmühlenartig behandelt man die historische, nationalsozialistische Vorstellung eines „reinen, gesunden Volkskörpers“ und stellt mehrfach Bezüge zum patriarchalen Gesellschaftsgefüge der griechischen Antike her. Dabei spielt vor allem die brutale Erziehung der Jugend in Sparta, die als „Agoge“ bekannt ist, eine wichtige Rolle. Es ist vor allem Pathos, der dadurch der Hörerschaft vermittelt wird – „Stärke durch Disziplin“, „Körper zu Waffen“ und „Leben heißt Kampf“ heißt es. Vielleicht aus Kalkül oder aus ideologischer Arroganz, vergisst die Band jedoch den Aspekt, dass auch Homosexualität und sogenannte „Knabenliebe“/Päderastie ein fester Bestandteil des spartanischen Erziehungssystems war. Wie dieser nicht unbedeutender Aspekt des Mythos „Sparta“ mit einer modernen neonazistischen Weltanschauung konform geht, darauf gingen dessen Propagandisten bisher nicht ein. Vor allem „Terrorsphära“ wirkt dabei in ihren Lyrics opportun, war deren Song „Ein Schuss, Ein Schlag, Ein Hieb, Ein Tritt“ doch übersät mit Gewaltphantasien gegen Menschen die sich sexuell an Kindern und Jugendlichen vergehen.

Ähnlich modern und progressiv wie „Terrorsphära“ inszeniert sich die NS-Hardcore-Band „Green Arrows“ aus Bolzano, Italien. Tatsächlich stammen deren Musiker jedoch aus der klassischen Neonazi-Szene und sind heute im Netzwerk der faschistischen „Casa Pound“-Bewegung in Italien aktiv. Als „Division Bolzano“ des Cottbuser Neonazi-Labels „Black Legion Wear“, traten die Italiener schon 2017 auf dem „Rock für Deutschland“ in Thüringen auf.

Videos vom Konzert nach dem Kampfsport-Event wiederlegen die Darstellung, es habe sich um ein „Beatdown Massaker“ gehandelt. Die knapp 200 TeilnehmerInnen wirken eher verloren in der riesigen Halle. Quelle: Screenshot YouTube

Das Konzert in der Peripherie Athens im April 2019 dürfte zwar für die griechische Neonazi-Szene ein Highlight gewesen sein, im internationalen RechtsRock-Geschehen dürfte es jedoch kaum Eindruck hinterlassen haben. Wie bereits eingangs erwähnt war die Halle für so eine geringe ZuschauerInnenzahl viel zu groß. Unter einem „Beatdown Massaker“, wie einige der deutschen TeilnehmerInnen das Konzert im Nachgang beschönigend bezeichneten, versteht man jedenfalls etwas anderes.

Bedeutung des „Pro Patria Fest 2019“

Es ist für die Bedeutung solcher Zusammenkünfte nicht ausschlaggebend, ob sich 200 oder 1000 Neonazis versammeln. Intern wird das „Pro Patria Fest“ als voller Erfolg gewertet, wie auch das anschließende Konzert. Das Erlebnis, Teil eines auserlesenen Kreises zu sein – wie schon vor kurzem in einer Analyse des antifaschistischen Rechercheportals „Exif-Recherche“ zu lesen war -, fördert das Innenleben einer Szene hin zu einer persönlichen Aufwertung und dem Gefühl einer „Elite“ anzugehören.
Der „Kampf der Nibelungen“, wie auch die Events von „White Rex“ und vom „Pro Patria Fight Club“ sind Orte der Selbstvergewisserung einer solcher Szene, dienen zur Rekrutierung neuer MitstreiterInnen und stellen Knotenpunkte des internationalen, militanten Netzwerks dar – im Rahmen von Austausch, Generierung von Geldern und geheimer Absprachen.
Schließlich bedienen die ProtagonistInnen dieser Events verschiedene Rollen und können somit szenen-übergreifend Einfluss nehmen – sei es als Teil klassischer Kameradschaftsstrukturen, als Mitglieder von einflussreichen Neonazibruderschaften wie den „Hammerskins“, als Inhaber von RechtsRock-Labels und Neonazi-Bekleidungsmarken, MusikerInnen oder ideologische WegbereiterInnen wie „Wardon 21“.

++++Update und Berichtigung++++

Wie Recherchen der Antifa Bern ergaben, nahmen – neben Roman Portner aus Basel – auch andere Neonazis aus der Schweiz am „Pro Patria Fest“ 2019 teil. Darunter Simon Tornay, wie auch der „Hammerskin“ Joël Moret aus der Westschweiz.

Simon Tornay (1.v.r.), Joël Moret (2.v.r.), posierend mit Tomasz Szakatulski (3.v.r.) in Athen 2019 Quelle: Twitter Antifa Bern

Moret selbst trat schon mehrfach auf extrem rechten Kampfsport-Veranstaltungen als Kämpfer auf. Etwa im Juni 2017 in der Nähe von Genf, im Rahmen des „Force & Honneur“-Turniers.

In der Erstversion des Artikels schrieben wir, dass der Franzose Tomasz Szkatulski gegen den aus Portugal stammenden Neonazi Luís Graça im Cage antrat. Dies ist falsch. Tatsächlich trat Szkatulski wie geplant gegen den Griechen Panagiotis Stroumpoulis an. Luís Graça war lediglich einer der Begleiter von Gonçalo Neves in Athen, wie sich nun herausstellte.