Der SV Post Germania Bautzen: Boxer*innen, Hooligans, Neonazis – ein Verein mit Tradition

Ein Gastbeitrag von „Recherche Ostsachsen“

Bereits zum sechsten Mal fand am 16. November 2019 die Boxnacht des SV Post Germania Bautzen – Abteilung Boxen statt. Was den meisten Menschen auf den ersten Blick kaum auffällt, es handelt sich bei diesem Event nicht einfach um den jährlichen Höhepunkt eines beliebigen Sportvereins. Symptomatisch für den Verein und seine Mitglieder, ist die Verbindung zu neonazistischen Strukturen.
Bereits mehrfach sind Mitglieder, Trainer*innen und Unterstützer*innen im Kontext rechter und ausländerfeindlicher Aktionen aufgefallen. Am Abend selbst boxte Robin Beck – Hooligan der rechten Fangruppierung der SG Dynamo Dresden „Supporters Bautzen“.

Aktive Vereinsmitglieder des SV Post Germania v.l.n.r.: Frederic Pöthig, Robin Beck und Danny Wölfer (hier auf dem neonazistischen „Trauermarsch“ 2020 in Dresden)

Der Boxverein scheint sich an Becks Aktivitäten nicht zu stören, im Gegenteil – mit Ihm wird sogar als Kämpfer auf dem Plakat für das Event geworben.

Robin Beck und sein Zwillingsbruder Felix Beck erlangten während der EM 2016 in Frankreich bereits fragwürdigen „Ruhm“. So waren beide Teil einer größeren Gruppe sächsischer Neonazi-Hooligans, die am Bahnhof in Lille mit einer Reichkriegsflagge auffielen.

EM 2016 in Frankreich: 1.v.l. Frederic Pöthig; unten links neben der Reichskriegsflagge knieend die Zwillingsbrüder Felix und Robin Beck

Auf einem dort entstandenen Foto, welches durch die internationale Presse ging, zeigte einer der Beck-Brüder (mutmaßlich Robin Beck) zudem den so genannten Hitlergruß.
Auch der „Vorzeige-Athlet“ des SV Post Germania, Frederic Pöthig, ist auf dem Foto in Frankreich zu sehen. Der Neonazi und Hooligan war beim Land Sachsen angestellter Finanzbeamter, bis er 2019 seinen Dienst unfreiwillig quittieren musste. Dennoch war er Teil des Teams des SV Post Germania im Juni 2019 auf einem Sportfest des „SV Kubschütz“ bei Bautzen.

Links: Zieba beim „Ausbruch 60-Marsch“ in Ungarn; Rechts: Zieba mit einer tätowierten, verbotenen „Tiwaz“-Rune am Bein

Ein weiterer einschlägig bekannter Neonazi, der sowohl Mitglied beim SV Post Germania Bautzen als auch Anhänger der rechten Hooligan-Gruppierung „Supporters Bautzen“ ist, konnte auf der 6. Boxnacht im November 2019 in Radibor in den Ring treten: Felix Zieba. Der Neonazi und Hooligan nahm etwa am sogenannten „Ausbruch 60 – Marsch“ 2019 sowie 2020 in Ungarn teil. U.a. vom „Blood & Honour“-Netzwerk organisiert, marschieren dort jährlich im Februar Neonazis aus ganz Europa auf, um gemeinsam der Truppen des Dritten Reiches zu „gedenken“ und den Nationalsozialismus zu glorifizieren.
Als Rassist*innen, Neonazis und andere Menschenfeinde im September 2018 zu den rechten und teils gewaltsam verlaufenen Aufmärschen ins sächsische Chemnitz mobilisierten, folgte auch Zieba mit weiteren ostsächsischen rechten Hooligans dem Aufruf.

Rassistischer Aufmarsch im Herbst 2018 in Chemnitz. Oben: Felix Zieba ; Unten: einer der Beck-Zwillingsbrüder

Die Fischerhüte mit der Aufschrift „Könige Europas“, die ein Teil der Gruppe um Zieba dort trug, entstanden im Rahmen der Reise der Hooligans zur EM 2016 nach Frankreich.
Fraglich ist zudem, dass Zieba im Ring offen eine Tätowierung am Bein präsentieren konnte, welche die verbotene „Tiwaz“-Rune zeigt.

Von der Boxnacht in Radibor im November 2019 selbst, berichten Augenzeug*innen von einer für Bautzner Verhältnisse überdurchschnittlich hohen Dichte an rechter Szenekleidung und einschlägigen Tattoos, auch im Publikum.
Es verwundert demnach auch nicht, dass sich unter den Sponsor*innen der Boxnacht schon der rechte Szene-Laden „Nordland-Store“ aus Wilthen befand wie auch einschlägig bekannte Tattoo-Studios der rechten Szene. Namentlich das „El-Loco“ wie auch das „Dobermann Tattoo-Studio“ haben Verbindungen in die neonazistische Szene.

Es sind nicht nur die zur Schau gestellten Symbole, Sprüche und die übertriebene Männlichkeit, die am Abend der 6. Boxnacht unangenehm auffallen, es ist auch die stets zu beobachtende Stimmung während der Kämpfe. Denn die Boxer des SV Post Germania Bautzen werden von einer Horde selbsternannter Hooligans und „starker“ Männer unter martialischen Lauten und Rufen angefeuert. Dass auch der Sicherheitsdienst an dem Abend – wie bereits in den vergangenen Jahren – mit Personen der rechten Hooliganszene besetzt wurde, scheint dabei nur konsequent. So traf man dort auf Felix Beck, den Bruder des an diesem Abend boxenden Robin Beck.

2.v.l.: Michel Günther; 1.v.r.: Dennis Rohner

Mit der Teilnahme etlicher Neonazi-Hooligans vom SV Post Germania auf der Boxnacht, wäre jedoch nur die halbe Wahrheit gesagt. Denn auch andere Kämpfer*innen an diesem Abend sind einschlägig bekannt. Dennis Rohner etwa, der für den Boxclub Chemnitz antrat, hat auf seinem Bauch großflächig in Frakturschrift die Worte „Glaube-Wille-Tat“ tätowiert. Das selbe Motiv ist das Firmenlogo des extrem rechten Musikhandels „Glaube-Wille-Tat-Produktionen“ aus Mecklenburg-Vorpommern. Rohner sollte schon im Oktober 2019 auf der „Vogtländer Fightnight“ antreten, wurde dann aber aufgrund seiner Tätowierung von der Fightcard gestrichen.
Auch Michel Günther, der auf der Fightcard der 6. Boxnacht stand, wird der sächsischen Neonazi-Szene zugerechnet. Er trat an dem Abend für den Verein SG Neuwelt – Abteilung Boxen aus dem Erzgebirge an, dem 2019 der Status als „Talentstützpunkt der Sportart Boxen“ vom Landessportbund Sachsen verliehen wurde. Günther gehörte der mittlerweile kaum noch aktiven „Identitären Bewegung“ im Erzgebirge an und war Zuschauer des extrem rechten Kampfsport-Event „Tiwaz“ 2018 in Grünhain und 2019 in Zwickau.

Wie kann unter diesen Voraussetzungen sichergestellt werden, dass die zahlreichen Kinder, die im Verein angebunden sind, nicht ideologisch vereinnahmt werden?

Nun, ein Beispiel dafür, wie in der Abteilung Boxen des SV Post Germania Bautzen über Generationen hinweg rechte Ideologien fest verankert sind, ist die Familie Wölfer. So gehört der langjährige Trainer Frank Wölfer dem Umfeld der Bautzner Neonazigruppierung „Sturm 24“ an. Nach dem Verbot von „Blood & Honour“ in Deutschland im Jahr 2000, wirkte „Sturm 24″ aktiv daran mit, das Netzwerk zu reaktivieren. Auch seine Tochter Denise Wölfer ist in Bautzen nicht unbekannt. Schon seit ihrer frühen Jugend fiel sie bei rechten Aufmärschen, im Umfeld von Übergriffen und bei neonazistischen Gedenkveranstaltungen – wie etwa bei der jährlichen Volkstrauertags-Zeremonie in Göda – auf. Sie ist aktives Vereinsmitglied beim SV Post Germania, wie ihr Bruder Danny Wölfer. Aus seiner rechten Gesinnung macht auch er kein Geheimnis.
Jüngst nahm er am sogenannten „Trauermarsch“, organisiert von der NPD, am 15. Februar 2020 in Dresden teil und war auch auf dem „200. Rundgang“ von PEGIDA in Dresden anwesend.

Das Problem ist nicht neu und die Vorwürfe bekannt. Nicht ohne Grund darf der Verein seine Veranstaltung bereits seit 2018 nicht mehr in Bautzen ausrichten. Dass die sorbische Gemeinde Radibor von an „Haaren herbeigezogenen Vorwürfen“ ausgeht und trotz der zahlreichen Hinweise lediglich auf ihre „klammen Kassen“ verweist, macht sprachlos. Waren es doch noch vor wenigen Jahren genau die Mitglieder des SV Post Germania Bautzen – Abteilung Boxen, die regelmäßig auf sorbische Jugendliche Jagd machten und nur durch zahlreiche Einschüchterungen von Zeug*innen der Übergriffe bis heute auf freiem Fuß sind.

Wie kann es sein, dass sich der Landessportbund Sachsen bis heute nicht intensiv mit dem Verein und seinen Verstrickungen in die rechte Szene auseinandergesetzt hat? Ein zügiges und entschlossenes Handeln des Landessportbundes und der Stadt Bautzen wäre der erste richtige Schritt innerhalb der Aufarbeitung.