Auch wenn durch die Pandemie Sport und damit auch Kampfsport in weiten Teilen Deutschlands eingeschränkt wurden, so bedeutet das nicht, dass das Problem von faschistischen Raumnahmen im Kampfsport passé ist.
Hier findet ihr eine Sammlung von Neuigkeiten von der Matte 2020. Wir unterteilen diese den neuen Rubriken des Blogs entsprechend in Recherche & Analyse, Marken & Labels sowie Haltung zeigen, da wir insbesondere letztere Rubrik wichtiger finden zu betonen.
Recherche & Analyse
Neonazi-Kampfsportler in militärischen Strukturen
Neonazi-Kampfsportler auf Demonstrationen und Aufmärschen
Prozessbeginn gegen die Neonazis von „Jungsturm Erfurt“
Rechte Kampfsportveranstaltungen – Niederlagen, Ausfälle, rechtliche Verfolgung
Neues Gym in Taucha bei Leipzig – Benjamin Brinsa und das „Imperium Fight Team“
KOTS-Fightclub Schweden mit Neonazi-Beteiligung
Marken & Labels
„White Rex“ – der Versuch eines Neustarts
Haltung zeigen
„Ihr Kampf. Wie Europas extreme Rechte für den Umsturz trainiert“ von Robert Claus erschienen
Die Notwendigkeit einer Haltung
Recherche & Analyse
Neonazi-Kampfsportler in militärischen Strukturen
Die Verknüpfung von militärischen und rechten Kampfsportstrukturen zeigte sich nicht nur an der Teilnahme von Bundeswehrsoldaten am „Kampf der Nibelungen“. Diese untersucht auch Robert Claus in seinem neu erschienenen Buch „Ihr Kampf. Wie Europas extreme Rechte für den Umsturz trainiert“. Auf Twitter zeigt Claus jüngst eine enge Verknüpfung von Kampf- und Wehrsport bei Neonazis. Beispielsweise legte er Ende Oktober 2020 offen, dass Hooligans und Kampfsportler, wie Marc de Cacqeray de Valménier aus Frankreich, an militärischen Handlungen in Bergkarabach teilnehmen, um vor Ort ein Freiwilligenbataillon aufzubauen. Schweizer Antifagruppen verweisen in diesem Kontext auch auf die Bedeutung der Ukraine als Wallfahrtsort, wo sich Anhänger von Hooligangruppen aus Frankreich und der Schweiz von der AZOV militärisch ausbilden lassen.
Die Verstrickungen von Bundeswehrsoldaten mit der rechten Kampfsportszene wurden auch bei der Durchsuchung wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in der Nähe von Neubrandenburg sichtbar. Der Beschuldigte ist Matthias Delf (a.k.a. „Odin“), langjährig in der rechten Kampfsportszene aktiv: So bei Events von La Familia Fightclub in Halle oder bei Wettkämpfen für das First Fight Team Neubrandenburg. Letzteres ist seit Jahren für seine Neonazi-Mitglieder und den Trainer Ronny Schindhelm bekannt.
Ein weiteres Beispiel für die Verstrickungen von Staatsdienern und rechten Kampfsportstrukturen stellt Steven Kitzing dar: Der Marinesoldat modelt für die rechte Kampfsportmarke „Label 23“ und ermöglichte für ein Fotoshooting auch den Zugang zu seiner Trainingsstätte, dem Gym „MMA Rostock“. Auch Kitzing kämpfte auf Events des „La Familia Fightclub“ in Halle.
Neonazi-Kampfsportler auf Demonstrationen und Aufmärschen
Auch dass bekannte rechte Kampfsportler sich unter Demonstrationen mit gewalttätigen Protesten mischen, ist keine neue Erscheinung. Gerade im Kontext von Krise und vermeintlicher Bedrohung, wird die Rhetorik von „Wehrhaftigkeit“ oder „Schutz“ bemüht. Was 2015 oder 2016 bei der öffentlichen Auseinandersetzung mit Flucht als Bedrohung konstruiert wurde, wurde mit der „Verteidigung der Nation“ beantwortet. Das rechte Label „Black Legion“ erklärte beispielsweise ihre Firmengründung mit den Folgen der Debatte über Flucht in Deutschland. Heute ist es im Kontext der Pandemie die „Corona-Lüge“, gegen welche man sich zur Wehr setzen zu müssen glaubt – daran knüpfen auch bekannte rechte Kampfsportler und Trainer an und beteiligen sich an gewalttätigen Protesten – wie jüngst in Leipzig am 07.11.2020.
Generell kann die Querdenken-Bewegung als eine Spielwiese für rechte Kampfsportler_innen betrachtet werden. Dabei ist ihre sozialdarwinistische Ideologie genau am richtigen Ort und ihre Gewaltbereitschaft ist sehr willkommen, um gegen die polizeilichen Maßnahmen vorzugehen.
Aber auch auf eindeutigen faschistischen Aufmärschen nahmen bekannte rechte Kampfsportler teil. So am 03.10.2020 am Aufmarsch der extrem rechten Kleinstpartei „Der III. Weg“, der wegen der Corona-Pandemie vom 1. Mai verschoben wurde (ursprünglich in Erfurt geplant). Unter den ca 300 Teilnehmenden fand sich eine Vielzahl von Teilnehmern mit Bezug zur rechten Kampfsportszene. „Der III. Weg“ kann mit der parteieigenen AG „Körper und Geist“ seit einigen Jahren auf eine größere Zahl aktiver Kampfsportler in den eigenen Reihen blicken, die mit Schlauchtüchern mit eigenem Logo der AG aufmarschierten.
Zu den anwesenden aktiven Kampfsportlern gehörten u.a. Martin Langner aus Schmölln, in dessen Gym „Barbaria Schmölln“ die Kämpfe des „Kampf der Nibelungen“ für den Online-Stream im Oktober 2020 aufgezeichnet wurden. Langners Aktivitäten in der Neonazi-Partei sind schon seit einiger Zeit zu beobachten.
Der Berliner Neonazi Oliver Oeltze wiedeum, aktuell führender Kopf des Stützpunkt Berlin der Partei „Der III. Weg“, war in die Organisation des Aufmarsches involviert. Auch er tauchte im Rahmen des KdN 2020 auf und befand sich unter den Wenigen, deren Kämpfe Online gezeigt wurde.
Im Teil des Aufmarschs, welchen die Nicht-Parteimitglieder bildeten, fand sich auch die seit Jahren wachsende Sichtbarkeit neonazistischer Kampfsportmarken wieder. Teil dieses Blocks war auch der Strausberger Neonazi Andrew Stelter, der zumindest zeitweise Trainer beim „Boxclub Strausberg“ war.
Dass die Partei voller gewaltaffiner Neonazis ist, zeigt sich immer wieder bei brenzligen Situationen mit den politischen Gegner_innen. Als es zu Konfrontationen kam, versuchten die Neonazis selbst die begleitenden Polizist_innen zu überwinden. Bei Blockaden und ähnlichen Situationen geben die oftmals aus der Kameradschaftsszene stammenden Neonazis ihre nach außen dargestellte Ordnung auf und greifen Polizist_innen und politische Gegner_innen an.
Prozessbeginn gegen die Neonazis von „Jungsturm Erfurt“
Nach den Durchsuchungen im Frühling 2020 wurden Theo Weiland, Marco Klingner und Steve Weinhold verhaftet, auch Robin Brandt aus Waltershausen musste einige Monate später in Untersuchungshaft. Im November begann nun der Prozess gegen die vier „Jungsturm“-Mitglieder mit dem Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung im Zusammenhang mit verabredeten „Ackerkämpfen“.
Für seine Treffen und Trainings nutzte der „Jungsturm“ die Räumlichkeiten im rechten Szeneobjekt „Erlebnisscheune“ in Kirchheim. Die Angeklagten sind seit langem in der rechten Kampfsportszene aktiv und haben so u. a. das „Imperium Fight Team“ in Leipzig besucht. Theo Weiland war bis zu seiner Verhaftung Trainer im „La Familia Fight Club“ in Halle und ist auch als Model für „Label23“ bekannt.
Über die Aktivitäten der Verhafteten sowie die Verstrickungen von „Jungsturm“ in weitere neonazistische Strukturen berichtet detailliert die Exif-Recherche.
FAKT vom MDR berichtet über die Verbindungen von „Jungsturm“ mit der Kampfsportszene.
Kein Filter für Rechts – eine aktuelle Analyse von CORRECTIV auf der Basis von 4.500 Instagram-Accounts
Das Recherchezentrum CORRECTIV veröffentlichte im Oktober 2020 die Ergebnisse einer umfangreicher Recherche zur rechten Szene und Instagram. Allein für den Abschnitt „Rap, Kampfsport und Merchandise. Wie Rechte mit Instagram Geld verdienen“ wurden 500 Accounts analysiert. Dabei werden die Verschränkungen zwischen rechtsextremen Kampfsportler_innen, AfD-Politiker_innen, rechten Rappern und Modelabels sichtbar. Auch die Reichweite der Rechten wird durch konkrete Zahlen deutlicher: Allein der Instagram-Account von „Kampf der Nibelungen“ hat mehr als 7.000 Follower_innen. Aber nicht nur die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Die Analyse macht deutlich, welche Strategien die Rechten nutzen, wie sie z.B. an bestimmte Männlichkeitsideale oder Fitness-Trends anknüpfen.
Rechte Kampfsportveranstaltungen – Niederlagen, Ausfälle, rechtliche Verfolgung
Nachdem der „Kampf der Nibelungen“ (KdN) 2019 durch eine Verbotsverfügung der Stadt Ostritz nicht stattfinden konnte, waren die Veranstalter_innen um Alexander Deptolla sehr um ein neues Event 2020 bemüht, um die Kosten zu decken und die Ticket-Besitzer_innen aus dem Vorjahr damit zu vertrösten. Doch die Fortsetzungsfeststellungsklage gegen das Verbot wurde nicht rechtzeitig verhandelt, die Pandemie hielt an und so sollte der diesjährige KdN am 10.10.2020 im Online-Format übertragen werden. Die wenigen gezeigten Kämpfe fanden in selbstgebauten Ring-Konstruktionen in den Räumlichkeiten der „Sportgemeinschaft Barbaria“ im thüringischen Schmölln statt, sowie in einem heruntergekommenen Keller in einem Gewerbegebiet in Brandenburg.
Ursprünglich wollte die Organisation diese Kämpfe am 26.09.2020 in Magdeburg professionell austragen und aufzeichnen. Das Vorhaben wurde jedoch von der Polizei verhindert. Die Maßnahmen und die Veranstaltungsverbote beklagt Deptolla schließlich im Video und kündigt an: „Es wird erstmal keine Veranstaltung von uns geben“. Man kann diese Kapitulation als einen Erfolg der Initiativen vor Ort, welche die Verbote erwirkt haben, und von Recherchegruppen, die die Strukturen hinter dem KdN sichtbar gemacht haben, werten. Doch es wird ebenso sichtbar, wie vernetzt die Szene ist, wie viele Kämpferinnen, Trainerinnen und Vereine involviert sind.
Auch wenn medial für den „Kampf der Nibelungen“ die „Endrunde“ gefeiert wurde und sein Organisator Deptolla verkündete, Aktivitäten erst einmal einzustellen, so bedeutet das nicht den finalen Gong für dieses rechte Kampfsportnetzwerk. Die rechtlichen Maßnahmen sind zwar Rückschläge, aber keine Existenzbedrohung für die jahrelang bestehenden neonazistischen Strukturen. Einen „Sieg“ über oder ein wirkliches Ende dieser Struktur können wir nicht erkennen. Über entstandene Netzwerke und die Vermarktung von rechten Bekleidungslabels wird weiterhin Geld verdient und Vernetzung voran getrieben. Einen ausführlichen Bericht und eine Einschätzung der Lage liefert das Exif-Recherchekollektiv.
Auch das sächsische „Tiwaz“ musste dieses Jahr ausfallen. Die Organisator_innen scheinen jedoch im Vorfeld weniger Energie in die Vorbereitung gesteckt zu haben und werden den Ausfall 2020 wohl besser verkraften .
Auch ein Event unter der Führung von „Pride France“ und mit Beteiligung von KdN und „Tiwaz“ war für Juni 2020 im Großraum Basel (Schweiz) angekündigt, wurde jedoch durch die Corona-Pandemie verunmöglicht.
Vereine & Strukturen
Neues Gym in Taucha bei Leipzig – Benjamin Brinsa und das „Imperium Fight Team“
Mitte September 2020 wurde ein neues Gym in Taucha bei Leipzig eröffnet – dahinter steckt Benjamin Brinsa, MMA-Kämpfer und Trainer des „Imperium Fight Team“ sowie Stadtrat in Wurzen. Brinsa hat eine lange Karriere in der extrem rechten Szene. Er gilt auch als eine Schlüsselfigur der rechten Hooliganszene, mit der er jüngst auch an den „Querdenken“-Aufmärschen am 7.11.2020 in Leipzig teilnahm. Bekannt wurde er auch durch die Bedrohung einer linken Kundgebung 2018 in Wurzen mit einer Waffe. Schon bei dem koordinierten Angriff auf Geschäfte in Leipzig-Connewitz im Januar 2016, wurden zahlreiche Personen aus dem engsten Umfeld Brinsas von der Polizei festgesetzt, die ebenfalls dem „Imperium Fight Team“ angehören.
Die Leipziger Initiative „Chronik LE“ berichtet über die Eröffnung und befürchtet, „dass die neonazistische Szene aus Taucha körperliche Gewalt nicht nur professionell erlernt, sondern diese auch gezielt gegen Menschen welche nicht in ihr Weltbild passen einsetzt“.
KOTS-Fightclub Schweden mit Neonazi-Beteiligung
Nach einigen deutschen Hooligans kämpft nun auch der Neonazi Tomasz Szkatulski bei dem schwedischen Underground-Fightclub „King of the streets“ (KOTS), der auf Industriebrachen und in leerstehenden Gebäuden illegal Kämpfe veranstaltet und mit PayPerView-Tickets und Wetten Geld verdient. Tomasz Skatulski gründete 2013 die rechte Marke „Pride France“ und ist der rechten Hooligangruppe „LOSC Army“ zuzurechnen. Er entstammt der mittlerweile verbotenen französischen Neonazi-Organisation „Blood & Honour Hexagone“, lebt allerdings seit geraumer Zeit in Bulgarien. Szkatulski war an mehreren gewalttätigen Übergriffen beteiligt, darunter an rassistischen, sozialdarwinistischen und queerfeindlichen Angriffen. Auch Szkatulskis Tattoos, wie der „White Power“-Schriftzug auf dem Hals, lassen keine Unklarheiten zu. Mit der Teilnahme Szkatulskis an den KOTS-Kämpfen können diese sich erst recht nicht mehr als „unpolitisch“ bezeichnen. Dass am selben Tag wie Szkatulski auch Schweizer Neonazis aus dem „Hammerskin“-Milieu kämpften, sowie ein Anhänger der rechten Hooligan-Gruppe „Jungblut Kiel“, untermauert dies.
Marken & Labels
„White Rex“ – der Versuch eines Neustarts
Auch wenn es seit 2018 keine Events gab, an den „White Rex“ als Label mitwirkte, ist deren Gründer Denis „Nikitin“ Kapustin nicht untätig. Seitdem Kapustin durch das Einreiseverbot in den Schengenraum in der Ukraine festsitzt, organisierte er dort Events wie „F1ght K1ngs“, und war maßgeblich in eine MMA-Veranstaltung im Rahmen des Neonazi-Festivals „Asgardsrei“ in Kiew im Dezmeber 2019 involviert.
Erst jüngst gab er in einem Interview bekannt, dass es vor allem seine Aufgabe war, sich seit seinem Wegzug aus Russland um die MMA-Szene in Kiew zu kümmern und dort die Kampfsport-Events im „Reconquista Club“ zu betreuen. Motivationslosigkeit wäre ebenso ein Faktor für ihn gewesen, warum er „White Rex“ zeitweise ruhen ließ. Dennoch wirkte er als Verbindungsperson zwischen der osteuropäischen und der westeuropäischen extremen Rechten [siehe Robert Claus‘ „Ihr Kampf“ / https://zaborona.com/en/fight-for-the-white-race-how-the-russian-neo-nazi-denis-nikitin-promotes-his-ideas-in-ukraine-and-why-the-azov-regiment/].
Dass er in den sozialen Netzwerken momentan versucht, „White Rex“ im neuen Gewand und mit neuen Designs zu beleben, liegt auch daran, dass der „Reconquista Club“ seit geraumer Zeit nicht mehr existiert und er nun wieder Zeit habe, erklärt er in einem Interview mit Tomasz Szkatulski vor wenigen Wochen. Den Neustart der Vermarktung von „White Rex“ initiierte er mit einem Video auf Telegram. Ein durchaus kontrovers in der Szene diskutiertes Kurzvideo, in dem Kapustin in verschiedensten Situation zu sehen ist, darunter auch mit nackten Frauen, die für ihn tanzen. Er strebe „Macht und Reichtum“ an, erklärt er im Interview mit Szkatulski. Das sei es, was einen modernen Nationalisten ausmachen würde. Größere Kampfsport-Events habe er bislang nicht geplant, sondern wolle sich vor allem auf neue Designs für „White Rex“ fokussieren.
„Resistend“ ist eine rechte Sportswear- und Outdoor-Marke, die erstmals 2019 als Sponsor beim Kampf der Nibelungen aufgefallen ist und deren Online-Shop im August 2020 eröffnet hat. „Resistend“ versucht, sich nach eigenen Angaben als funktionale rechte Kleidungsmarke parallel zu bestehenden Marken im Kraft- und Kampfsportbereich zu etablieren, und setzt bei der Selbstpräsentation auf starke Bezüge zu Naturverbundenheit und NS-Straight Edge-Ideologie.
Den vollständigen Artikel zur Marke findet ihr hier: https://runtervondermatte.noblogs.org/resistend/
Haltung zeigen
„Ihr Kampf. Wie Europas extreme Rechte für den Umsturz trainiert“ von Robert Claus erschienen
In seinem kürzlich erschienenen Buch betrachtet Robert Claus die Aufrüstung der rechten Szene und ihre Professionalisierung im Kampfsport. Er verweist dabei, gemeinsam mit zahlreichen Gastautor_innen auf die Vernetzung der rechten Strukturen zwischen Musik, Kampfsport und Sicherheitsbranche. Ergänzt werden die Analysen um eine internationale Perspektive mit Blicken nach Italien, Polen, Russland, Frankreich und Griechenland, aber auch nach Thailand, wo der Kampfsporttourismus auch für Neonazis floriert. Aber auch ein Ausblick auf einen Kampfsport ohne Nazis fehlt nicht – Informieren und Haltung zeigen gehört zusammen!
Die Notwendigkeit einer Haltung
In Hinblick auf die fortlaufenden Bestrebungen und Entwicklungen von rechts in der Kampfsportszene, wird deutlich, dass Kampfsport in diesem Kontext keine bloße Freizeitaktivität oder persönliche Bewusstseinserweiterung ist, sondern zur Vorbereitung auf gewaltsame Auseinandersetzungen dient. Eine klare Haltung gegen jegliche faschistischen Tendenzen muss heutzutage und in Zukunft stärker sein als je zuvor – Menschenverachtung sollte in Sporträumen und nirgendwo sonst geduldet werden
Wenn Recherchegruppen darauf verweisen, dass Neonazis in öffentlichen Räumen trainieren, und nach der Veröffentlichung mit juristischen Konsequenzen bedroht werden, sollte das (stadt-)politisch ernst genommen werden. Das ist kein privates Problem, wenn Rechte öffentliche Räume nutzen, um Kampfsport zu betreiben – das schafft auch einen Raum für den Einstieg in die rechten (Kampfsport-)Strukturen. Über so etwas hinwegzusehen und es zu dulden, bedeutet auch eine Akzeptanz der Entwicklungen und Festigung von lokalen rechten Kampfsportstrukturen.
Sich eindeutig öffentlich zu positionieren, bedeutet beispielsweise im Falle der Aktivistin der „Identitären Bewegung“ und Kickboxerin Annika Stahn, diese aus sämtlichen Wettkampfstrukturen und von Kampfsportveranstaltungen zu verweisen, um ihr nicht länger eine professionelle Reputation als Kampfsportlerin zu ermöglichen. Jemanden, die sich in dieser Weise öffentlich rassistischen Inhalten anschließt und diese propagiert, in öffentlichen Sporträumen die kampfsportliche Laufbahn zu ebenen, ist fahrlässig und lässt falsche Vorbilder entstehen.
Genau aus diesem Grund ist eine klare Haltung gegenüber rechten Kämpfer_innen nötig. So war es nur konsequent, Timo Feucht 2020 sein UFC-Debüt zu streichen. Sich eindeutig, aus freien Stücken und überzeugend zu positionieren – vor allem bei einer solchen Vergangenheit wie der von Timo Feucht – sollte mehr als selbstverständlich sein. Sich erst halbherzig zu positionieren, wenn man darauf angesprochen wird, ist nicht überzeugend.
Die German Amateur MMA Federation (GAMMAF) hat alle Trainer_innen und Sportler_innen aufgerufen, Neonazi-Events wie „Kampf der Nibelungen“ zu meiden und nicht zu unterstützen. Wir begrüßen das ausdrücklich und freuen uns über jede Nachahmung. Allerdings heißt das auch, sich eindeutiger gegen rechte Inhalte von Schüler_innen, Trainer_innen und Kämpfer_innen zu positionieren – und zwar auch gegen Menschenverachtung im Internet. Diese scheinen als „privat“ abgetan zu werden. Doch wenn christlich-fundamentalistische, djihadistische, faschistische, sexistische oder generell menschenverachtende Posts in sozialen Medien von öffentlich wirksamen Kampfsportler_innen gemacht werden, muss man sich dazu positionieren. Diese erwerben in ihrem Sport nicht nur gefährliche Skills, sie sind auch Vorbilder für eine Jugend, die zur Zeit (kampf-)sportaffin ist.
Kampfsport ist ein gesellschaftlicher Bereich, aus dem man Politik nicht mit einem einfachen „Politik hat nichts auf der Matte zu suchen“ verbannen kann. Respekt gilt nur denen, die Respekt zeigen – insbesondere im Kampfsport, der dafür herhalten muss, dass faschistische und fundamentalistische Anhänger_innen ihn für ihre Ideologie missbrauchen. Diskriminierungen sind keine legitimen persönlichen Meinungen. Sich EINDEUTIG gegen Rassismus, Faschismus, Fundamentalismus und Menschenfeindlichkeit zu positionieren ist ein MUSS im Sportler_innenkodex. Heute mehr denn je!