Seit Jahren finden in Deutschland und in Polen regelmäßig unter dem Namen „Muay Thai Open“ (MTO) Amateur-Wettkämpfe statt. Mehrmals im Jahr werden diese Veranstaltungen von den an die MTO angebundenen Gyms und Vereinen ausgerichtet. So trat auch der Rostocker Verein „Baltic Fighters“ mehrmals als Veranstalter auf.
Auf der letzten Muay Thai Open (MTO) in Rostock am 10. November 2018 wurden auch Neonazis in die Veranstaltungsstrukturen eingebunden, welche bei den „Baltic Fighters“ trainieren.
Denn als Moderator der Veranstaltung trat der in Rostock lebende Neonazi Marcel Zapf, genannt „Zabel“, auf. Seine „Karriere“ in der extrem rechten Szene ist von heute bis 2007 nachvollziehbar, als er mit weiteren Neonazis die Gruppe „Hoolsnation“ gründete. Ab 2010 war Zapf dann als Solo-Musiker „UnGebetene Gäste“ unterwegs. Nur kurze Zeit später entstand daraus die RechtsRock-Band „Ungebetene Gäste“, mit denen Zapf als Sänger bis heute Konzerte gibt. Etwa im März 2014 in der Neonazi-Immobilie in Kirchheim (Thüringen) u.a. mit der Allgäuer Neonazi-Band „Faustrecht“. Zuletzt gab er am 2. März 2019 ein Akustik-Konzert in Sachsen, welches – wie üblich im RechtsRock-Konzertgeschehen – konspirativ ausgerichtet wurde.
Marcel Zabel trat darüber hinaus schon am 4. November 2017 als Kämpfer für die „Baltic Fighters“ auf der MTO in Rostock an. Bis heute ist er Teil der Trainingsgruppe und reist mit den „Baltic Fighters“ zu verschieden Wettkämpfen.
Die Informationen über „Zabels“ extrem rechte Aktivitäten sollten den „Baltic Fighters“ nicht unbekannt sein. Nicht nur weil er in der Region seit Jahren als aktiver Neonazi bekannt ist, sondern auch, weil der Name seiner Band „Ungebetene Gäste“ großflächig als Tattoo auf seiner Brust prankt. Zabel trägt außerdem offensichtlich T-Shirts mit rechten Inhalten wie von „Greifvogel Wear“, „European Brotherhood“ oder „Skrewdriver“.
Leider ist Zabels Engagement im Verein nicht die einzige Verbindung der „Baltic Fighters“ in die Neonazi-Szene.
Im Nachgang der MTO im November 2018 erhielten wir mehrere E-Mails, dass auf der Veranstaltung eine Person aus dem gastgebenden Verein „Baltic Fighters“ ein T-Shirt des Neonazi-Kampfsportevents „Kampf der Nibelungen“, für jeden sichtbar, trug.
Direkte Nachfragen vor Ort bei den Veranstalter_innen stießen leider weder auf die nötige Aufmerksamkeit, noch folgte eine unmittelbare Handlung. Laut Recherchen handelt es sich bei der Person, die dieses T-Shirt zur Schau trug um Paul Großmann, der auch bei den „Baltic Fighters“ trainiert.
Kommentare in den sozialen Netzwerken zu der letzten MTO in Rostock deuten zudem weitere Probleme an:
„Rechte Gewalttäter bei Kampfsport Events (…) eine Aufarbeitung ist da angebracht.“ oder „Wird Thor Steinar wieder zum gepflegten Dresscode zählen?“.
Bereits im Vorfeld wurden die Verantwortlichen der MTO von mehreren Seiten darüber informiert, dass am 10. November auch Kevin Kraft vom „Team Bäumler“ aus Ronneburg (Thüringen) als Kämpfer angemeldet wurde.
Kraft ist einer der über 200 Neonazis und rechten Hooligans, die am 11. Januar 2016 im als alternativ geltenden Leipziger Stadtteil Connewitz von der Polizei festgesetzt wurden, nachdem dort Kneipen, Geschäfte und Imbissläden mit Steinen und Pyro-Technik angegriffen wurden. Auch Menschen, die sich zu dieser Zeit im Stadtteil befanden, wurden zum Ziel der Neonazis. Aktuell laufen gegen die 215 von den Polizeikräften festgesetzten Personen Gerichtsprozesse. Neben Kevin Kraft gehörten auch Sven Huber, Oliver Hoffmann und Michael Neuhaus dazu. Sie trainieren ebenfalls im „Team Bäumler“ um Peter Bäumler im ASC Ronneburg. Sven Huber war darüber hinaus einer von 30 Kämpfern auf dem extrem rechten Kampfsportevent „Tiwaz“ im Juni 2018 in Sachsen. Tatsachen, die jedem bei einer einfachen Personensuche im Internet direkt ins Auge stechen dürften. Kevin Kraft konnte in Rostock dennoch an der MTO teilnehmen.
Keine Politik, just Sports?
Wir fordern die MTO auf, endlich dazu Stellung zu beziehen, nachdem sie nun von mehreren Seiten darauf angesprochen wurden. Weder ist es tolerierbar, dass aktive Neonazis wie Marcel Zapf Veranstaltungen der MTO moderieren können, noch dass rechte und rassistische Gewalttäter bei den Wettkämpfen antreten dürfen.
Jenseits von wirtschaftlichen Interessen sind die Wettkämpfe der MTO vor allem für ihren sportlichen Fokus und die faire, familiäre Atmosphäre bekannt. Aus diesem Grund verstehen wir nicht, warum nicht eingegriffen wird, wenn Neonazis in jeglicher Form an diesen Veranstaltungen teilnehmen und sich hinter Slogans „Keine Politik-just Sports“ versteckt wird.
Es ist unlängst bekannt, dass Neonazis Kampfsport-Turniere-und Trainings als Rekrutierungsfeld nutzen. Wer für das Gym bei einer solchen Veranstaltung kämpfen darf und demnach hofiert wird, erhält Zugänge zu sportlichen Mitteln und Wegen. Werkzeuge, die Neonazis nutzen, um ihre Vormachtstellung auszubauen. Außerdem wird nicht zuletzt dadurch eine Atmosphäre geschaffen, die sicher nicht im Sinne aller teilnehmenden Gyms und Vereine ist.
Sollte sich das „Baltic Fighters“-Gym nicht endlich von Kämpfern, Mitwirkenden und Mittrainierenden wie Marcel Zapf lösen, fordern wie den Ausschluss des Gyms aus der MTO. Sollten Neonazis im Ring und die Organisation ihrer Wettkämpfe durch Neonazis, RassistInnen und deren SympathisantInnen für die MTO kein Problem sein, sollten sich die in der MTO organisierten Vereine und Gyms tatsächlich fragen, ob sie dort gut aufgehoben sind. Und, ob der Austausch mit Teams und Kämpfer_innen wie den „Baltic Fighters“, welches laut MTO eine der Hauptanliegen ist, wirklich der eigenen Philosophie entspricht.