Warum es heute umso wichtiger ist, sich gegen Neonazis eindeutig auf der Matte zu positionieren
Wir begrüßen, dass sich die German Amateur MMA Federation (GAMMAF) jüngst eindeutig gegen die Teilnahme Timo Feuchts an der UFC geäußert und positioniert hat. Die Argumente, warum diese dem Image von MMA in Deutschland schadet und MMA in die rechte Schmuddelecke steckt, haben wir bereits vergangenes Jahr aufgegriffen, als Feucht bei NOVA FC kämpfen wollte.
Wir begrüßen sehr, dass sich Verbände, wie die GAMMAF, als auch deren einstiger Partner GEMMAF, seit einiger Zeit deutlicher positionieren – und hoffen, dass sich daran auch andere MMA-Verbände und Veranstaltungen in Zukunft ein Beispiel nehmen. Denn das ist nachhaltige, längerfristige Aufgabe einer MMA-Szene, die sich gegen Diskriminierung und für Respekt positionieren will und sollte. Insbesondere in Anbetracht der gesellschaftlichen Entwicklung im Kontext von vermehrten rechts-terroristischen und rassistischen Gewalttaten.
Dennoch sehen wir vor allem aus der Perspektive der Kampagne die Notwendigkeit, darauf hinzuweisen, dass die verankerten rassistischen und faschistischen Tendenzen im Kampfsport in Europa und Deutschland nicht vom Begriff „Extremismus“ verschluckt werden dürfen. Es muss genauer hingeschaut und sich im Gym positioniert werden.
Wir versuchen nunmehr seit drei Jahren diese Themen auf die Matte zu bringen. Hier noch mal ein paar Aspekte, warum es von BEDEUTUNG ist, tatsächlich von bedrohlichen faschistischen und neonazistischen Einstellungen und Strukturen in der Kampfsportszene zu sprechen:
1. FAKT: In Europa und Deutschland gibt es eine gewachsene faschistische Kampfsportszene – mit eigenen Labels und eigenen Veranstaltungen. Die Gefahr von rechts in der Kampfsportszene ist aktuell: Seit über fünf Jahren organisieren sich Neonazis offensiv in professionelleren Strukturen, führen eigene Kampfsportveranstaltungen durch, womit sie rechtsoffene Personen ansprechen und rekrutieren. Sie schaffen sich eigene Klamottenmarken, vernetzen sich international auf eigenen Turnieren und versuchen in normalen Gyms, neue Mitstreiter_innen zu rekrutieren.
Unsere Initiative will darüber aufklären und Empfehlungen an Veranstalter_innen und Gyms geben, wie man Neonazis im Gym und im Ring erkennt und wie man damit umgeht.
2. FAKT: In einer faschistischen Ideologie ist die Ausübung von und Bereitschaft zu Gewalt ein grundlegendes Element, um andere Personen zu bedrohen und zu verfolgen – Gewalt, die sich gegen Menschen richtet, die als politische Gegner_innen ausgemacht werden, als auch gegen Menschen, die nach rassistisch zugeschriebenen Merkmalen nicht in das eigene Weltbild passen. Das zeigt sich nicht nur am Überfall auf den alternativen Leipziger Stadtteil Connewitz 2016, sondern auch an den rassistischen Ausschreitungen, wie beispielsweise in Chemnitz.
Insofern sind Statements gegen „Extremismus“ schlicht irreführend. Vielmehr geht es darum, dass Personen, die einer faschistischen Ideologie folgen, Gewalt als grundlegendes Element verankert haben und es als durchweg legitimes Mittel anwenden – denn ihr Ziel ist, eine nach rassistischen, sozialdarwinistischen Vorstellungen geprägte Gesellschaft zu etablieren. Das ist keine „Meinung“, die es zu respektieren gilt, das ist eine menschenunwürdige und -verachtende Ideologie.
3. FAKT: Es geht dabei nicht nur um die rechten Kampfsportler_innen, die ausgeschlossen werden sollen. Es geht um ein klares Statement und den dadurch entstehenden Nachhaltigkeitseffekt und die Verantwortung im Sport und für das Image desselben. Kampfsport ist ein gesellschaftlicher Bereich, der auch für Jugendliche anschlussfähig ist, die ihre Werte noch erarbeiten und aus vielen verschiedenen Quellen zusammensetzen müssen. Demnach tragen Verbände, wie die GEMMAF oder die GAMMAF, eine Vorbildfunktion, wenn diese klar benennen, warum Rassismus und andere Menschenfeindlichkeiten im Oktagon, im Ring oder auf der Matte nichts zu suchen haben. Damit geht auch die Verantwortung einher, sich an dem Diskurs aktiv zu beteiligen und klare Kante gegen Rassismus und Diskriminierungen zu zeigen. Es ist vor allem nachhaltig wichtig, dass es einen klaren Umgang mit Personen in Sporträumen gibt, die einer (extrem) rechten, rassistischen Organisation angehören oder diese unterstützen oder Sympathien hegen. Eine Akzeptanz fördert die Normalität, mit Neonazis zu kämpfen und zu trainieren. So zu tun, als gäbe es diese Leute nicht, ist nicht zielführend. Man unterstützt sie in ihren Trainingsabläufen, bietet ihnen eine Möglichkeit zu kämpfen und sponsert sie in gewisser Weise mit der eigenen Expertise. Dieses Wissen überträgt sich wiederum in rechte Kampfsportstrukturen, wie z.B. anhand des „Kampf der Nibelungen“, erkennbar ist.
Aufgrund der momentanen Entwicklungen von rechts-terroristischen Bestrebungen in Deutschland und aufgrund der vermehrt ausgeübten rassistisch motivierten Gewalt in Deutschland ist es umso wichtiger, sich dafür auszusprechen, dass Personen mit faschistischen und rassistischen Einstellungen auf der Matte nichts zu suchen haben. Umso weniger dürfen diese bestärkt oder ihnen die falschen Waffen in die Hand gegeben werden.
Sich als Sportverein oder -club antirassistisch und antifaschistisch zu positionieren hat nichts mit „Extremismus“ zu tun und sollte keine Besonderheit sein. Es sollte in Anbetracht der gesellschaftlichen Zustände und Geschichte eine Verpflichtung sein.
Es reicht nicht aus, sich hinter Floskeln und substanzlosen Begriffen, wie „Extremismus“, zu verstecken.
Wir bitten die Verbände, sich proaktiv und nachhaltig zu positionieren – und das nicht, nur um Events so konfliktfrei wie möglich über die Bühne bringen zu können, sondern vor allem, um ein Klima zu schaffen, in dem sich Neonazis, Rassist_innen und andere menschenfeindlich eingestellte Personen sich schlichtweg nicht wohl fühlen.
Das bedeutet, dass es nicht Normalität sein darf, dass rechte Kampfsportler_innen kommentarlos kämpfen und ausgestrahlt werden, eine Distanzierung und Skandalisierung erst im Nachgang stattfindet. Nachhaltig bedeutet, dass beispielsweise die MMA-Szene in Deutschland mit klarer Positionierung gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit ein Zeichen für Respekt und gegen Diskriminierungen setzt. Es bedeutet schließlich auch, dass sich die MMA-Landschaft nicht erst durch Druck von Außen positioniert, was für eine langfristige Vorgehensweise keinen Erfolg versprechen kann.
Das Problem beim Namen zu nennen ist die Devise, die in der Konsequenz nur bedeuten kann: KEIN HANDSHAKE MIT NAZIS.